Ernährung während eines Radtrainingslagers

Wer ambitioniert Sport betreibt, läuft, Rennrad fährt oder gar dem Triathlon nachgeht, findet sich oftmals in den ersten Monaten eines jeden Jahres in wärmeren Gefilden, um seiner Lieblingsdisziplin draußen und bei warmen Temperaturen nachgehen zu können.

Auch ich habe mich im April diesen Jahres für zwei Wochen nach Mallorca verabschiedet, um bei Temperaturen um die 25 Grad und in kurz-kurz die ersten Grundlagenkilometer unter der Sonne der Balearen zu drehen und mich fit für die (sportlichen) Herausforderungen des Jahres zu machen.

In diesem Blog will ich euch Einblicke in die Herangehensweise eines (Sport-)Ernährungsberaters geben, der in der Woche 25 Stunden im Sattel verbringt, dabei 750 Kilometer fährt und 10500 Höhenmeter erklimmt.

Lasst mich eines vorwegschicken: Ein Trainingslager eignet sich in keinem Fall, überfällige Pfunde zu verlieren! Dein Körper benötigt alle Energie die er bekommen kann, um den Herausforderungen und Ansprüchen in dieser Phase gerecht zu werden. Das heißt nicht, dass Du am Hotelbuffet oder in der Küche Deines Apartments willenlos werden darfst. Die verbrauchte Energie sollte jedoch stets wieder zugeführt werden, um Regeneration und Leistungsfähigkeit zu ermöglichen bzw. beizubehalten.

Wie ich das gemacht habe

Ich war in einem wirklich tollen vier Sterne Hotel in Santa Ponca, circa 20 Kilometer westlich von Palma, untergebracht. Die Halbpension war meine Verpflegungsform während der zwei Wochen, was stets empfehlen würde, da man tagsüber sowieso auf dem Rad unterwegs ist und während der Tour meist Mittagspause macht.

Ziel meiner Verpflegungsstrategie und Energiebilanz war, diese ausgeglichen zu gestalten um sicherzustellen, dass

  • ich schnell und effektiv regeneriere
  • mein Immunsystem auf Hochtouren läuft
  • keine krassen Blutzuckerschwankungen auftreten
  • keine Hungeräste auf dem Rad auftreten
  • ich während der Ausfahrten stets konzentriert und aufmerksam bleibe

Da ich ohne Powermeter/Wattmesser unterwegs war, stellte ich anhand meines aktuellen Gewichts folgende Überlegungen an. Als grobe Richtlinie kann man dabei den Energieverbrauch näherungsweise so berechnen: Durchschnitts-Watt x Zeit x 3,6. Wenn man also eine Stunde lang im Schnitt 200 Watt tritt, verbrennt man 720 Kilokalorien, bei 250 Watt 900 Kilokalorien und so weiter.

Aufgrund meiner Trainingswerte und einem, nach mehr als 10 Jahren im ambitionierten Ausdauersport ausgeprägten Körpergefühl, schätzte ich meine durchschnittliche Leistung auf circa 230 Watt (NP) in der Stunde. Da ich aktuell etwas schwerer bin und es viele Berge und Hügel gab, kein unrealistischer Wert. Das bedeutete für meinen stündlichen Kalorienverbrauch: Satte 830 kcal pro Stunde.

An diesen orientierte ich mich und berechnete so meinen Leistungsumsatz (Stunden auf dem Rad x 830) und addierte diesen mit meinem Grundumsatz von circa 1900 kcal.

Für die ersten 7 Tage auf Mallorca ergibt sich also folgender Kalorienverbrauch. 7x 1900 kcal Grundumsatz + 25 (Stunden) * 830 = 33.300 kcal.

Eine ganze Menge Energie!

Wie habe ich sie reinbekommen?

Menschen die mich kennen wissen, dass ich schon ein ganz guter Esser bin. Mit dem vielen Essen habe ich selten Probleme. Wenn es jedoch in komprimierte Belastungsblöcke geht, sieht das manchmal schon ein wenig anders aus.

Wer hart trainieren möchte, muss gut essen und trinken können!

Rein damit! Lang‘ beim Frühstück richtig hin! Die Vorbereitung für einen langen Trainingstag bedeuten neben quantitativ und qualitativ gutem Schlaf, vor allem auch eine ausreichende Kalorienzufuhr. Da darf’s in der Sporternährung auch mal pragmatisch werden.

Was habe ich gefrühstückt?

In den kompletten Trainingswoche sah mein Frühstück gleich aus. Routinen sind im (Ausdauer-)Sport wichtig. Wenn Du einmal eine Ernährungsstrategie beisammen hast würde ich Dir raten, sie solange nicht zu ändern, bis Du Schwierigkeiten damit bekommst. Verträglichkeit und Geschmack sind extrem wichtige Faktoren bei der Verpflegung. Wer seine Ernährung nicht verträgt, schadet sich in der Vorbereitung auf Training und Wettkampf, riskiert Magen- und vor allem Darm-Probleme und seine Leistungsfähigkeit. Wem seine Ernährung nicht schmeckt, konsumiert sie nicht gerne oder vergisst im schlimmsten Fall zu essen und zu trinken. Der Super-GAU an anspruchsvollen, kräftezehrenden, heißen Tagen.

Daher gab’s bei mir die komplette Woche folgendes Frühstück:

  1. Eine Schüssel Müsli mit Haferdrink, Sojajoghurt und Obst
  2. Ein Teller Rührei mit Brot, Frischkäse und Gemüse
  3. Ein Glas Milchreis oder ein Stück Kuchen

Warum?

Komplexe Kohlenhydrate aus dem Müsli (überwiegend Haferflocken) haben einen langanhaltenden Sättigungseffekt. Rührei liefert hochwertige und optimal verfügbare Proteine. Milchreis oder Kuchen sorgen für einen schnellen Anstieg des Blutzuckerspiegels und damit dafür, dass schon direkt zur Abfahrt nach dem Frühstück Power auf das Pedal gebracht werden kann. Obst und Gemüse liefern abschließend zusätzlich wichtige Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente.

Was geht mit auf die Reise?

Natürlich muss die Energiebereitstellung auch für die Fahrt unterwegs sichergestellt sein. Energie-Riegel und kohlenhydrat- und elektrolytreiche Getränke sind hier mein Mittel der Wahl. Die komplette Energie für die gesamte Strecke mit aufs Rad nehmen zu können, ist jedoch Utopie, sofern man sich nicht die Hausrunde vorgenommen hat. Hierfür würde es im Zweifel dann sogar reichen, zuvor gut zu essen und die Radfahrt mit einer Wasserflasche anzutreten.

Die Flasche sollte jedoch auf längeren Touren möglichst immer mit Energie aufgefüllt sein, um dem Körper nicht nur die Flüssigkeit zurückzugeben die ihm unterwegs verloren geht, sondern auch schnell verfügbare Kohlenhydrate bereitzustellen.

Als Vorbeugung vor Krämpfen kann es hilfreich sein, jeweils eine Messerspitze Kochsalz in die Radflasche zu geben. Salz unterstützt dabei, die Mineralienspeicher aufzufüllen, die durch das Schwitzen geleert werden. Kann der Körper durch einen Mineralienmangel Nervenimpulse nicht mehr adäquat weitergeben, kann dies zu Krämpfen führen. Wenn Du weißt, dass du tendenziell zu Krämpfen neigst, kann Dich das Einnehmen von Salztabletten auf der Fahrt zusätzlich davor schützen.

Wichtig: Wenn Du und Deine Gruppe sich nicht gerade in einem Zeitfahren befinden, legt unbedingt einen Kaffee- und Kuchenstop ein und genießt die süße Sünde in ganzen Zügen!

…und dann: Ab nach Hause!

Regeneration beginnt schon auf dem Fahrrad! Fahre Dich zu keiner Zeit in ein Hungerloch oder in den Energiemangel – denn das kostet Dich nicht nur Körner, sondern verlängert Deine Regenerationszeit maßgeblich. Verpflege Dich auch auf den letzten Metern Deiner Ausfahrt noch ausreichend, iss und trink! Wenn Du Interesse daran hast, am nächsten Tag wieder mit vollem Elan und erholten Beinen auf dem Rad zu sitzen, nimm in der ersten halben Stunde nach der Ausfahrt einen kohlenhydrat- und proteinhaltigen Eiweißshake zu Dir. Mit 0,3 bis 0,5g Eiweiß pro KG-Körpergewicht und derselben Menge Kohlenhydrate solltest Du im wahrsten Sinne des Wortes gut fahren. Dazu müssen es übrigens auch nicht zwingend die hochgelobten und hochpreisigen Eiweiß-Präparate sein. Hier tut’s beispielweise auch die gute, alte Bananenmilch oder ein Kakao.

Last but not least – das Abendbüffet

Gehen wir davon aus, dass Du Dich auf dem Rad und direkt nach der Ausfahrt so verpflegt hast, wie ich es Dir in diesem Beitrag ans Herz lege. Dann ist das Dinner-Büffet Fluch und Segen zugleich, denn hier kannst Du meiner Meinung nach am meisten falsch machen.

Im besten Fall serviert die Küche eine tolle Bandbreite an Obst und Gemüse, an komplexen Kohlenhydraten, an hochwertigen Proteinquellen und garniert die Tafel neben Oliven- und Rapsöl zusätzlich mit Kernen, Nüssen und Samen.

Bei mir gab’s als ersten Gang immer einen Salat. Dieser hat gleich mehrere Vorteile. Zum einen liefert er einen Großteil des Grüns im bunten Gemüsespektrum, das täglich gegessen werden sollte. Zum anderen sättigt er, ohne das Kalorienkonto zu strapazieren. Denn wer nach längeren Ausfahrten hungrig ans Büffet geht und direkt Lebensmittel mit hoher Kaloriendichte wählt läuft Gefahr, trotz des hohen Verbrauchs mit mehr Körpergewicht nach Hause zu fliegen als vor dem Trainingslager.

Dem Vorspeisen-Salat folgte dann stets ein Hauptteller mit hochwertigen Kohlenhydratquellen wie Kartoffeln, Vollkornbrot, Süßkartoffeln, Quinoa, Linsen usw… Ernährungsphysiologisch wertvoll wurde der Teller durch das Hinzufügen von Proteinen in Form von Eiern, Käse, Hülsenfrüchten und Quark. Als Vegetarier verzichtete ich auf Fleisch und Fisch – aber auch Tier hat, abgesehen vom ethischen Aspekt, seine Berechtigung auf einem Sportler*innen-Teller.

Auch ein Dessert-Teller durfte für mich zu einem runden Abendessen nicht fehlen. Je nach Einheit und Belastung gesellte sich zu den obligatorischen Nüssen (gesunde Fette, Ballaststoffe und Proteine) und dem Trockenobst (Verdauung, Magnesium, Kalium etc.) auch mal eine Kugel Eis.

Keine Zauberei

Du siehst, Ernährung im Trainingslager ist eigentlich gar nicht so schwer. Für den einen oder anderen anstrengend erscheinen mag die schiere Menge, die man rein quantitativ betrachtet zu sich nehmen sollte. Ansonsten ist es vor allem ein Mehr an gesunden Lebensmitteln, die hoffentlich bereits im Alltag Deine Basis bilden.

Sicherlich dürfen auch mal Dinge wie Pommes, Pizza oder Speck auf Deinem Teller landen. Aus Sicht eines Sporternährungsberaters sind diese Lebensmittel jedoch nicht optimal und sollten Ausnahmen bleiben. Apropos Ausnahmen: Auf Alkohol habe ich während meines kompletten Aufenthaltes verzichtet. Selbst in geringen Mengen konsumiert, wirkt er sich negativ auf Deine Regeneration, Deine Proteinbiosynthese, Deinen Fettstoffwechsel und Deinen Schlaf aus. Ich empfehle Dir daher klar eine Zero-Alkohol Philosophie während sportlich anspruchsvollen Tagen.

Ride on und Kette rechts –

Dein Tim